Ausmass der Biodiversitätskrise wird unterschätzt

    Rebhuhn, Gefleckte Schnarrschrecke und Flachsseide sind schon weg, bald könnten Igel, Wiedehopf und Laubfrosch folgen. Zum Welttag der Biodiversität Ende Mai lancierte Pro Natura eine Kampagne zur Biodiversitätskrise, die aufzeigt, was uns droht, wenn das Massenaussterben ungehindert fortschreitet. 

    (Bild: Matthias Sorg) Potenziell bedrohte Arten: Der Igel (Erinaceus spec.) und …

    In den letzten Jahren sind in der Schweiz Rebhuhn, Gefleckte Schnarrschrecke und Flachsseide ausgestorben. «Wir befinden uns mitten im sechsten Massenaussterben. Die Schweizer Bevölkerung hat davon bisher allerdings kaum etwas mitbekommen», so Ursula Schneider Schüttel, Nationalrätin und Präsidentin von Pro Natura. Eine neue Kampagne von Pro Natura will das ändern.

    Die Schweiz ist führend im Artensterben
    Gemäss einer aktuellen Umfrage von Pro Natura wissen immerhin 57% der Schweizerinnen und Schweizer, dass «Biodiversität» etwas mit natürlicher Vielfalt zu tun hat. Konkret ist damit die Vielfalt aller Tier- und Pflanzenarten, ihrer Lebensräume und Genpools gemeint. Gleich viele Befragte glauben allerdings auch, die Biodiversität in unserem Land sei in einem «guten» oder «eher guten» Zustand.

    (Bild: Biosphoto, Klaas Van Haeringen) … der Apollofalter in deren natürlichem Lebensraum

    Diesen Trugschluss hat die Pro Natura Präsidentin schnell entzaubert: «Unter den Industrienationen der OECD ist die Schweiz führend beim Anteil bedrohter Arten und gleichzeitig Schlusslicht beim Anteil der Naturschutzfläche. Über ein Drittel der untersuchten Tier- und Pflanzenarten und fast die Hälfte der Lebensraumtypen hierzulande sind bedroht.»

    Was wir nicht kennen, vermissen wir nicht
    «Dass wir trotzdem das Gefühl haben, der Natur gehe es gut, liegt daran, dass wir saftig, grüne Wiesen mit gelbem Löwenzahn als natürlich empfinden und Tiere und Pflanzen, die wir nie gekannt haben, auch nicht vermissen», erklärt Daniela Pauli, Leiterin des Forums Biodiversität Schweiz der SCNAT. Doch Grün ist eben nicht gleich biodivers. Erst die Vielfalt der Lebewesen und ihr Zusammenspiel ermöglichen die natürlichen Kreisläufe, die unsere Lebensgrundlage sind.

    «Bestäubung, Bodenfruchtbarkeit, Wasserreinigung, CO2-Speicherung, Hochwasserschutz sind gratis Dienstleistungen einer intakten Biodiversität und für uns überlebenswichtig», betont Pauli. Die Biodiversitätskrise ist für uns Menschen deshalb mindestens so bedrohlich wie die Klimakrise und gemäss der Forschung zu den planetaren Grenzen sogar noch weiter fortgeschritten.

    (Bild: Biosphoto, Saverio Gatto) Sie sehen wir nie wieder: Das Rebhuhn ist in der Schweiz bereits ausgestorben.

    Wir sind alle gefordert!
    Mehr und besser vernetzte Naturschutzflächen, eine ökologischere Lebensmittelproduktion und Ernährung sowie eine Reduktion der biodiversitätsschädigenden Subventionen – das sind deshalb Massnahmen, die nicht nur Pro Natura fordert. Drei Viertel der Schweizerinnen und Schweizer wünschen sich schon heute, dass Bund und Kantone mehr unternehmen, um den Biodiversitätsverlust zu stoppen. «Die Politik und jeder Einzelne sind gefordert» bekräftig Schneider Schüttel. «Wir allen können etwas zum Überleben von Igel, Wiedehopf und Laubfrosch beitragen. Aber wir müssen jetzt damit anfangen, sonst steht bald auch unser Überleben auf dem Spiel.»

    pd

    www.pronatura.ch/biodiversitaet

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